Hetze gegen Impfungen und Ärzt:innen auf Telegram

Hetze gegen Impfungen und Ärzt:innen auf Telegram

Anfang November 2021 berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass Ärzt:innen in Deutschland zunehmend von Impfgegner:innen attackiert werden würden. „Einige Mediziner“, so die FAZ, „mussten bereits Polizeischutz in Anspruch nehmen, Praxen vorübergehend schließen“. Verschiedene Ärztevertreter sind aufgrund der zunehmenden Bedrohungen alarmiert. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert nun Strafen für die Bedrohung von Impfärzten.

Skrupellose Mörder!
"Viel Vergnügen beim Ableben!" DER war gut, lieber Johannes. SIE müssen es auf diese Weise erfahren, sonst machen sie immer weiter mit ihren Verbrechen. Danke für deinen Mut 👍💐
Wenn Ärzte da wieder mitmachen... sind sie Mörder Sadisten usw. aber keine Ärzte... Arzt man nicht nur auf dem Papier !!! Ärzte für Nebenwirkung und Tod ... Herzlichen Glückwunsch
Ihr Ärzte seid für mich Mörder und Kindermörder das ohne Ausnahme ich werde nie wieder einen Arzt vertrauen ,nie wieder ins Krankenhaus gehen oder zum Arzt ich vertraue euch nicht mehr ,ihr wollt unsere Kinder opfern wegen einer lächerlichen Übertragung ,ihr seid einfach verachtenswert.
Ärzte die Impfungen verteilen, sind keine Ärzte... Es sind Mörder/inen und Schänderer/inen...
Beispiele von Telegramnachrichten über impfende Ärzt:innen

Der Arzt Florian Balkau, der keine Impfverweigerer behandeln will, machte öffentlich, dass er Morddrohungen erhalten würde: „Es gibt Menschen, die „Arschloch, verrecke“ schreiben, andere vergleichen mich mit dem NS-Kriegsverbrecher und Arzt Josef Mengele oder nennen mich “Auschwitz-Selektierer” Es kommt aber auch zu Androhungen von Gewalt und Mord“. Der Allgemeinarzt Christian Kröner, der auch auf Social Media über das Impfen aufklärt, machte ähnliche Erfahrungen: “Du bist ein Verbrecher der Pharmaindustrie” - “Eine Schande für den Berufsstand” - “Ich brenne dir die Praxis ab” sind nur einige der Nachrichten, die an ihn gingen. Als der SPD-Gesundheitsexperte und Arzt Karl Lauterbach im Februar 2021 bei einer Impfaktion in Leverkusen teilnehmen wollte, wurde seine Teilnahme abgesagt, weil es zu viele Drohungen gegeben hatte. „Leider hat es schon im Vorfeld so viele angekündigte Proteste gegen das Leverkusener Impfzentrum gegeben, dass ich den Start erst einmal absagen muss. Polizei und Sicherheitsbehörden sahen Gefährdung“, schrieb der Arzt dazu auf Twitter. Das Bundeskriminalamt bewertet mittlerweile “Impfgegner oder Corona-Leugner” als “relevantes Risiko” im Zusammenhang mit Angriffen auf Impfzentren oder Arztpraxen, schrieb die tagesschau.

Gruppen und Kanäle zu angeblichen Impfopfern und -toten

Seit Einführung der flächendeckenden Impfungen gab es einen starken Zuwachs von Gruppen und Kanälen auf Telegram, die zu angeblichen Impfopfern und -toten „aufklären“. In diesen Gruppen und Kanäle werden immer wieder nichtnachprüfbare Fälle von angeblichen Impfopfern gepostet oder Videos geteilt, die diese Aussagen scheinbar belegen sollen. In diesen Gruppen wird natürlich kein sachliches Monitoring von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen, wie sie beispielsweise vom Paul-Ehrlich-Institut erhoben werden, betrieben, sondern eine emotionalisierte Stimmungsmache, die den Nutzen von Impfungen insgesamt in Frage stellt oder sogar eine vermeintliche Gefährlichkeit der Impfung suggerieren. Diese Geschichten zu angeblichen Fällen verbleiben oft nicht auf Telegram, sondern werden auch auf anderen Kanälen weiterverbreitet – sei es auf Twitter oder dem eigenen Familienchat. So können Menschen in ihrer Impfentscheidung weiter verunsichert werden, was sich dann wieder negativ auf die Eindämmung der Pandemie auswirken kann. Gleichzeitig werden diese Gruppen und Kanäle auch genutzt, um gegen impfende Ärzt:innen zu hetzen.

Ein Fall aus Karlsruhe zog am Sonntag, den 14. November 2021, besondere Aufmerksamkeit auf sich: Angeblich gab es einen Todesfall einer ungeimpften Person in einer Klinik, da sich nicht um sie gekümmert worden sei – angeblich aufgrund des Impfstatus dieser Person. Auf Telegram kam es direkt zu diversen Aufrufen, die Polizei und das Krankenhaus anzurufen und vor dem Klinikum zu demonstrieren.

Bekannte Verschwörungsideolog:innen wie Bodo Schiffmann und Beate Bahner sprachen sogar von Mord – insbesondere Bahner konnte ihre Relevanz und Reichweite in der Szene in den vergangenen Monaten deutlich steigern und am 14. November 2021 mehr als 5.000 neue Abonnent:innen auf ihrem Kanal verzeichnen. Ihre Einschätzung, dass es sich bei diesem Fall um einen Mord handeln würde, wird auch aufgrund ihrer Rechtsanwaltstätigkeit besonders hohes Gewicht beigemessen. Des Weiteren hatte Bahner im September 2021 das Buch „Corona-Impfung: Was Ärzte und Patienten unbedingt wissen sollten“ veröffentlicht, in dem sie Impfungen als unsicher und gefährlich beschreibt. So spricht sie in ihrem Buch von 100.000 angeblichen Impftoten allein in Deutschland und rät Ärzt:innen dazu, Impfungen erst nach fünfjähriger Erprobungsphase zu verimpfen. Sollten sich Ärztinnen und Ärzte nicht an ihre Empfehlungen halten, droht sie, dass diese privat für mögliche Schäden in Haftung genommen werden könnten. Das Buch schaffte es aktuell auf Platz 20 der SPIEGEL Bestellerliste in der Kategorie Sachbuch/Paperback.

Entwicklung der Abonnenten des Telegramkanals von Beate Bahner
Screenshot einer fälschlichen Behauptung der Rechtsanwälting Beate Bahner über eine vermeintliche Gefährlichkeit der Impfung. Dabei multipliziert sie bestehende Zahlen über Nebenwirkungen und mögliche Todesfälle mit dem Faktor 20 bis 100.
Falsche Behauptungen Bahners zur vermeintlichen Gefährlichkeit der Impfung

Einen Tag später, am 15. November 2021, ruderten einige Akteur:innen bereits wieder zurück und riefen dazu auf, bis zur endgültigen Prüfung des Falles nicht weiter aktiv zu werden. Das Krankenhaus sah sich indes gezwungen zu reagieren und wies die Vorwürfe ausdrücklich zurück: Das Klinikum „stellt klar, dass der Impfstatus von Patient:innen für die konkrete Therapie- und Behandlungsentscheidung im Einzelfall grundsätzlich keinerlei Relevanz hat“. Das Klinikum sah sich nach Veröffentlichung der Stellungnahme allein auf Facebook mit diversen diffamierenden Kommentaren konfrontiert. Laut Pressemitteilung wurde bereits Strafanzeige erstattet und weitere rechtlichen Schritte geprüft.

In einer Zeit, in der Krankenhäuser bundesweit immer wieder vor Überlastung warnen, müssen sie sich zusätzlich gegen eine verschwörungsideologische Propaganda zur Wehr zu setzen. Das Verbreiten von solchen Inhalten bindet Kapazitäten. Kapazitäten, die gerade in einer Krise dringend an anderer Stelle benötigt werden.

Hetze und Mobilisierung gegen Ärzt:innen auf Telegram

Auf der Social Media-Plattform Telegram hat sich ein großes Netzwerk von Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextremen gebildet, die in den verschiedenen Gruppen und Kanälen nicht nur Desinformation und Verschwörungserzählungen verbreiten, sondern auch gegen Einzelpersonen hetzen und zur Gewalt aufrufen. Schon mit Beginn der Pandemie finden sich zahlreiche Nachrichten zu Ärztinnen und Ärzten – inhaltlich schwanken diese zwischen umschweifenden Lob für alle jene, die sich im Sinne der Verschwörungsideologien verhalten und positionieren sowie Hetze und Vernichtungsfantasien gegenüber Ärzt:innen die etwa eine Impfung befürworten.

Bei den Kanälen, die gezielt gegen impfende Ärzt:innen Stimmung machen und ihre Kontaktinformationen verbreiten lautet der Tenor oft, dass sich die besagten Ärzt:innen mit der Impfung strafbar machen würden. „Hier sind die Ärzte aufgeführt, die Atteste verweigern und nur Patienten die Zwangsimpfung aufdrücken wollen! Diese dürfen gerne haftbar gemacht werden“ heißt es beispielsweise in der Beschreibung eines einschlägigen Kanals. Andere wiederum rufen gezielt in Arztpraxen an, um diesen zu drohen, dass ihnen die Todesstrafe blühen würde, und nehmen die Anrufe dann auf, um sie als Sprachnachrichten in ihre Kanäle zu teilen.

Eine weitere Mobilisierungsform aus dem rechtsextremen und verschwörungsideologischen Milieu sind koordinierte Negativbewertungen auf Google und anderen Plattformen. Eine Vielzahl von Negativbewertungen kann für betreffende Personen oder Organisationen wirtschaftlichen Schaden bedeuten, da sie potentielle Patient:innen verschrecken können.

Nicht geimpfte Patienten lässt man unbehandelt sterben
Ihm sollte man die Approbation entziehen. Ein Arzt der sich weigert Menschen zu behandeln sollte sich einen anderen Job suchen!
Gentherapie ohne Evidenz und Kenntnis der Langzeitfolgen.
Beispiele von Bewertungen auf Google und Facebook

Schutz von Ärzt:innen und medizinischem Personal unerlässlich

Seit Beginn der flächendeckenden Impfungen gegen COVID-19 wird auf Telegram immer wieder Stimmung gegen Ärzt:innen und medizinisches Personal gemacht. Neben einer tiefsitzenden wissenschaftsfeindlichen Haltung und Impfablehnung geraten hier auch häufig einzelne Ärzt:innen ins Visier der Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextremen. Diese Bedrohungen verbleiben nicht auf der Plattform Telegram, sondern haben reale Konsequenzen für die betroffenen Praxen. Sie erhalten negative Bewertungen auf Plattformen wie Google oder werden telefonisch bedroht – bis hin zu Ankündigungen, dass über sie die Todesstrafe verhängt werden würde. Ärzt:innen und medizinisches Personal sind während der Krise ohnehin schon extremen Belastungen ausgesetzt, die bewältigt werden müssen. Die zusätzlichen Bedrohungen und Beleidigungen erschweren die Arbeit noch einmal zusätzlich und erhöhen die Gefährdungslage. Wer in den eigenen Praxen zur Bekämpfung der Pandemie durch Impfungen beiträgt, muss die Gewissheit haben, dass sein oder ihr Schutz gewährleistet ist. Das ist aktuell oft nicht der Fall.

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