Der dritte CeMAS Report „Militanter Akzelerationismus – Ursprung und Aktivität in Deutschland“ ist gleichermaßen eine Zusammenfassung und ein Nachschlagewerk für die Offline- und Online-Aktivitäten militanter rechtsextremer Akzelerationist:innen in Deutschland. Nach einer Einführung in die Ursprünge und die Historie des internationalen rechtsextremen Akzelerationismus, bietet der Report einen Überblick über die Szene und ihre Gruppierungen in Deutschland.
Rechtsextremer militanter Akzelerationismus strebt danach, liberale, demokratische und kapitalistisch verfasste Gesellschaften zusammenbrechen zu lassen. Dazu sollen in diesen Gesellschaften vorhandene Widersprüche oder wahrgenommene Verfallsprozesse beschleunigt werden. Dies kann sowohl durch Manipulationsversuche öffentlicher Diskurse als auch durch terroristische Mittel erfolgen. Militanter Akzelerationismus ist ein international zu beobachtendes Phänomen und auch in Deutschland finden sich Gruppierungen und Individuen, die sich dieser rechtsterroristischen Szene zuordnen lassen.
Rechtsextreme militante Akzelerationist:innen organisieren und formieren sich vor allem in losen digitalen Netzwerken. Da volksverhetzende Inhalte auf Telegram nicht konsequent gelöscht werden, verlagerte sich die Kommunikation der Szene in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre auf die Online-Plattform. Für das Netzwerk dieser Gruppen hat sich der Name Terrorgram als Fremd- und Selbstbezeichnung etabliert. Ein weiterer Verbreitungskanal sind rechtsextreme sogenannte „chan“-Imageboards, wo etwa der Attentäter von Christchurch (Neuseeland) im März 2019 seine eigene Auffassung von Akzelerationismus veröffentlichte.
In Deutschland gab und gibt es seit 2018 mindestens fünf Gruppierungen und mehrere zu Anschlägen bereite Einzelpersonen, welche dem militanten Akzelerationismus zugerechnet werden können. Auch der rechtsextreme Terroranschlag in Halle mit zwei Toten und zwei Verletzten im Jahr 2019 ist dem rechtsextremen militanten Akzelerationismus zuzuordnen. Ermittlungen zur „Vorbereitung einer schweren staatgefährdenden Gewalttat“ laufen derzeit gegen mindestens drei Beschuldigte. Eine weitere Person wurde bereits zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
Der CeMAS Report macht deutlich: Noch immer wird der digitale Raum als Radikalisierungsplattform von Sicherheitsbehörden und Politik nicht ernst genug genommen. Als Konsequenz ist der Zugang zu rechtsextremen Online-Subkulturen auch für Minderjährige heute leichter denn je. Auch Social-Media-Plattformen müssen sich ihrer Verantwortung stellen und in der Lage sein, rechte Raumaneignungsversuche zu erkennen und ihnen zu begegnen. Wir müssen als Gesellschaft besser verstehen, welche Rolle Social Media für die Radikalisierung und die Verbreitung von Desinformation spielen. Dazu bedarf es einer tiefgehenden und langfristigen Forschung. Es geht als Gesellschaft insgesamt darum, wie nicht nur solche Taten, sondern auch die vorgelagerte Radikalisierung verhindert werden können. Die Antworten auf das Problem konzentrieren sich oft auf die Reduzierung des Angebots rechtsterroristischer Inhalte. Eine Lösung für ein gesellschaftliches Problem werden wir aber nur erreichen, wenn wir uns mit den Gründen für die Nachfrage nach diesen Inhalten beschäftigen.